Digitales Programmheft
Connection Impossible ©anja koehler

Adámek: Connection Impossible

Philharmonie.7 – Keine unmögliche Stunde

Kölner Philharmonie Keine Pause | Ende gegen 20:15
Mittwoch
09.10.2024
19:00

Audio-Einführung

Ein Gespräch zu »Connection Impossible«

Philharmonie.7 – Keine unmögliche Stunde

Ein kleiner Reiseführer für die Ohren von und mit Maria Gnann. Heute: Die Kunst des Scheiterns.

Mitwirkende

Mitwirkende

Tara Khozein Sopran, Stimme
Hanni Lorenz Schauspielerin, Stimme

Ondřej Adámek Dirigent
Norbert Ommer Klangregie

Thomas Fiedler Dramaturgie

Programm

Programm

Ondřej Adámek *1979
Connection Impossible / Unmögliche Verbindung (2024)
Musiktheater. Konzeption von Thomas Fiedler und Ondřej Adámek
Konzertante Fassung
Deutsche Erstaufführung
Kompositionsauftrag von Bregenzer Festspiele, Ensemble Modern und Kölner Philharmonie (KölnMusik)

Zum Werk

Gestörte Kommunikation im Fokus

Ondřej Adámeks »Connection Impossible«

Eigentümlich und höchst originell schwankt der tschechische, in Prag geborene Komponist Ondřej Adámek (*1979) in seinem Schaffen zwischen schrägem Humor und tiefem Ernst. Kaum Skurrileres als seine von Staubsaugern angetriebene »Air-machine« mit aufblasbaren Luftrüsseln, Hupen und Gummihandschuhen war je in der zeitgenössischen Musik zu erleben. Einen herben Kontrast dazu bildet etwa Adámeks Oper Ines von 2024, in der er ein atomares Katastrophen-Szenario thematisierte. Pointiert zwischen diesen beiden Polen bewegt sich sein ebenfalls 2024 entstandenes Musiktheater Connection Impossible (Unmögliche Verbindung), gemeinsam entworfen mit dem Autor und Regisseur Thomas Fiedler und eigens komponiert für das Ensemble Modern. Der performative Charakter des Werks ist durchzogen von doppelbödigen Bedeutungsebenen und tragikomischen Situationen.

Connection Impossible

Connection Impossible ©anja koehler

Kreatives Neuland

Das Sujet mutet brandaktuell an, denn gestörte Kommunikation ist allenthalben zu beobachten: in Politik und Alltag, in den sogenannten sozialen Medien, zwischen gesellschaftlichen Gruppen oder auch in den Familien. Die wachsende Zuspitzung im politischen Diskurs oder das Einschränken bzw. Verbieten der Kommunikation in totalitären Systemen und strengen hierarchischen Strukturen wie Gefängnissen sind dafür markante Beispiele, doch Sprachlosigkeit und emotionale Überforderung sind längst, nicht zuletzt im Zuge der Corona-Pandemie, in breiten gesellschaftlichen Schichten angekommen. Genau an den Schnittstellen, an denen Kommunikation scheitert oder be- und verhindert wird, setzt Connection Impossible an.

Um diese Phänomene im Stück selbst widerzuspiegeln, erprobte Ondřej Adámek eine für ihn neue Form des Komponierens, indem er die Musikerinnen und Musiker des Ensemble Modern von Beginn an in den Entstehungsprozess einband. Sie werden zu Performern, die im konzeptionellen Rahmen ihre eigenen experimentellen Ausdruckspotenziale unmittelbar einbringen. Auf diese Weise gerät Connection Impossible zu einer abenteuerlichen Reise in kreatives Neuland – in eindringliche (Klang-)Sphären zwischen Dramatik und harschen Gegensätzen einerseits und lyrischen Elementen und meditativer Poesie andererseits.

Magische Intensität

Mit Connection Impossible reiht sich Ondřej Adámek, trotz seines ausgeprägten Eigensinns, in die extrem fruchtbare Tradition tschechischer Künstlerinnen und Künstler ein, die, angesichts von Fremdherrschaft und politischen Verwerfungen, ihr Ringen um die eigene Identität mit Expressivität und Galgenhumor anreichern – so bei Franz Kafka (1883–1924), Jaroslav Hašek (1883–1923) oder dem Komponisten Martin Smolka (*1959), der eine Generation älter als Adámek ist. Connection Impossible greift weit und fantasievoll aus, verknüpft die Analyse menschlicher Beziehungen und Empfindungen mit magischer Intensität, aber auch mit subtiler Ironie und der Hoffnung auf eine bessere Welt, in der eine funktionierende menschliche Kommunikation keine »Mission Impossible« ist.

Egbert Hiller

Biografien

Tara Khozein

Tara Khozein ©Raunak Kapoor

Tara Khozein

Die Sopranistin Tara Khozein wurde in Ecuador als Tochter iranisch-amerikanischer Eltern geboren. Sie studierte Physisches Theater an der Jacques-Lecoq-Schule in Paris sowie klassischen Gesang in New York. Danach lebte sie im US-amerikanischen Santa Fe, wo sie als Regisseurin in Zirkus- und Operettenproduktionen sowie im immersiven Theater engagiert war. Sie war dort zudem Mitglied des Theater Grottesco und gehörte zum künstlerischen Team des Meow Wolf’s House of Eternal Return. 2019 zog sie nach Budapest und gründete während der Covid-Pandemie ein Online-Gesangsstudio.

Als multidisziplinäre Performerin und Improvisationskünstlerin erforscht sie heute die Schnittpunkte zwischen klassischem und experimentellem Gesang und physischem Theater. Zu ihren jüngsten Projekten gehören die Mitwirkung in Godfrey Reggios Film Once within a time (2022), die Hauptrolle in Samu Gryllus’ interaktiver Geiseloper (2023), ihre eigene One-Woman-Show sowie Kate Sopers Solo-Kammeroper Ipsa dixit.

In der Kölner Philharmonie gibt Tara Khozein heute ihr Debüt.

Hanni Lorenz

Hanni Lorenz ©Zebu Kluth

Hanni Lorenz

Hanni Lorenz, geboren 1995 in Berlin, studierte bis 2018 Schauspiel an der Folkwang Universität der Künste Bochum. Bereits vor dem Studium spielte sie im Jugendtheater des Deutschen Theaters und bei P14 an der Volksbühne. Sie war u.a. am Schauspielhaus Bochum zu sehen, spielte in Palästina am Al-Kasbah-Theater und trat mit Kontrakte des Kaufmanns von Elfriede Jelinek beim Körber Studio am Thalia Theater Hamburg auf. Von 2018 bis 2023 war sie im Ensemble des Theater an der Parkaue – Junges Staatstheater Berlin. Dort feierte auch ihr erstes eigenes Stück Ulli aus dem Uterus unter der Regie von Roland Schimmelpfennig Premiere.

Hanni Lorenz ist seit 2023 freischaffend in Berlin, gastierte zuletzt bei den Bregenzer Festspielen und am Staatsschauspiel Dresden und arbeitet neben dem Theater auch als Sprecherin und vor der Kamera.

Bei uns ist sie heute zum ersten Mal zu erleben.

Norbert Ommer

Norbert Ommer ©Andreas Etter

Norbert Ommer

Der Sounddesigner und Klangregisseur Norbert Ommer studierte Klavier und Klarinette in Köln sowie Musik und Nachrichtentechnik in Düsseldorf, wo er sein Diplom zum Bild- und Toningenieur ablegte. Seit 1990 arbeitet er regelmäßig mit dem Ensemble Modern zusammen, seit 1997 auch als Gesellschafter. Kontinuierlich arbeitet er mit der WDR Big Band, den Berliner Philharmonikern, der hr-Bigband und dem hr-Sinfonieorchester zusammen.

Als Sounddesigner und Klangregisseur hat sich Ommer auch international einen Namen gemacht, so etwa im Rahmen von Uraufführungen von Frank Zappa, Heiner Goebbels, Steve Reich oder Helmut Lachenmann. 2002 erhielt er vom Verband Deutscher Tonmeister den Goldenen Bobby, 2004 gemeinsam mit dem Ensemble Modern den Echo Klassik. Seit 2003 ist er als Dozent für Klangregie bei der Internationalen Ensemble Modern Akademie und an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main tätig. Zudem unterrichtet er seit 2019 an der Hochschule der Künste in Berlin.

In er Kölner Philharmonie führte Norbert Ommer zuletzt im Januar dieses Jahres Klangregie.

Thomas Fiedler

Thomas Fiedler ©Chris Rinke

Thomas Fiedler

Thomas Fiedler wuchs in Bonn und Brüssel auf. Er studierte Musiktheater-Regie in Hamburg und lebt seit 20 Jahren in Berlin und Umbrien. Seine gattungsübergreifenden Inszenierungen zwischen Sprech- und Musiktheater zeigt er an zahlreichen Opern- und Schauspielhäusern im In- und Ausland. 2008 initiierte er gemeinsam mit dem Hamburger Komponisten Jan Dvořák die Künstlergruppe »Kommando Himmelfahrt«, die sich mit Grenzbereichen politischer und wissenschaftlicher Utopien beschäftigt. Er war Mitglied der Künstlerischen Leitung des Theaters Aachen und übernahm interimistisch als Chefregisseur und stellvertretender Intendant die Leitung des Jungen Staatstheaters Berlin. Zugleich arbeitet er wiederkehrend als Kurator beim Festival »Mannheimer Sommer«.

Mehrere seiner Inszenierungen wurden mit Preisen ausgezeichnet und zu Festivals eingeladen. Sein Interesse an neuen Musikformen führte ihn zur wiederkehrenden Zusammenarbeit mit vielen zeitgenössischen Musikensembles.

Mit der Dramaturgie für Connection Impossible / Unmögliche Verbindung ist er erstmals bei uns zu Gast.

Ensemble Modern

Ensemble Modern ©Wonge Bergmann

Ensemble Modern

Das Ensemble Modern, eines der weltweit führenden Ensembles für Neue Musik, wurde 1980 gegründet und ist seit 1985 in Frankfurt am Main beheimatet. Derzeit vereint es 18 Solisten und Solistinnen aus acht Ländern. Das Ensemble arbeitet unabhängig, ohne künstlerische Leitung. Sämtliche Projekte werden basisdemokratisch entschieden und umgesetzt. Sein ästhetisches Spektrum umfasst musik- und tanztheatralische Genres, multimediale Formen sowie Kammermusik, Ensemble- und Orchesterkonzerte.

Pro Jahr tritt das Ensemble in etwa 100 Konzerten weltweit bei renommierten Festivals und an herausragenden Spielstätten auf und erarbeitet sich etwa 70 Kompositionen neu, darunter gut 20 Uraufführungen. In Frankfurt veranstaltet es eine eigene Abo-Reihe, realisiert mit der Oper Frankfurt regelmäßig Musiktheaterproduktionen sowie die Werkstattkonzertreihe »Happy New Ears«. Es ist Mitveranstalter des Festivals »cresc ... Biennale für aktuelle Musik», führt mit den »Ensemble Modern Medien« ein eigenes Label und bündelt seit 2003 seine Ausbildungsprojekte in der Internationalen Ensemble Modern Akademie.

Das Ensemble Modern war zuletzt im März dieses Jahres bei uns zu hören.

Die Besetzung des Ensemble Modern

Johannes Schwarz Fagott, Kontraforte, Tuba, Stimme
Sze Fong Yeong Horn, Trommel, Stimme
Sava Stoianov Trompete, Trommel, Stimme
Uwe Dierksen Posaune, Trommel, Stimme
David Haller Schlagzeug, Stimme*
Špela Mastnak Schlagzeug, Stimme*
Hermann Kretzschmar Klavier, Sampler, Melodica, Stimme*
Jagdish Mistry Violine, Stimme*
Giorgos Panagiotidis Violine, Stimme*
Megumi Kasakawa Viola, Stimme*
Eva Böcker Violoncello, Stimme*
Michael Maria Kasper Violoncello, Stimme*
Paul Cannon Kontrabass, Stimme*

* und Blechblasinstrument

Ondřej Adámek

Ondřej Adámek ©Astrid Ackermann

Ondřej Adámek

Der Komponist und Dirigent Ondřej Adámek studierte in seiner Geburtsstadt Prag und in Paris Komposition. Direktheit und fein ausgeformte, klangfarbenreiche Ausdrucksmomente charakterisieren seine Werke, die Orchester-, Kammer-, Vokal- und elektroakustische Musik umfassen. Seine musikalische Sprache entfaltet sich im Dialog mit entfernteren Kulturen. Das Spiel mit Sprache(n) als strukturgebendes Element fließt auf vielfältige Weise ein. Häufig realisiert er seine Werke mit dem von ihm gegründeten Vokalensemble NESEVEN. Seine Kompositionen wurden u.a. vom London Symphony Orchestra, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und dem Ensemble Resonanz interpretiert.

In der Kölner Philharmonie dirigiert er heute zum ersten Mal.

Hinweise

  • Ein digitales Programmheft?

    Erleben Sie die Konzerte der Reihe Philharmonie.7 auf neue Art und Weise – interaktiv, multimedial und jederzeit zugänglich mit dem neuen digitalen Programmheft. 

    Schon 14 Tage vor dem Konzert ist das digitale Programmheft kostenlos verfügbar und bietet Zusatzinformationen und multimediale Inhalte: Als digitalen Appetizer gibt es für jedes Konzert der Reihe eine Audio-Einführung zum Einstieg. 

    Für den Konzertabend liefert das digitale Programmheft die gewohnten Hintergrundinformationen zu den Mitwirkenden, Komponist:innen und Werken und gibt einen umfassenden Einblick in das Konzertprogramm.

    Eine Stunde vor dem Konzert wechselt das Programmheft in den Konzertmodus: Multimediale Inhalte werden deaktiviert und die gesamte Darstellung abgedunkelt,  um den Konzertgenuss nicht zu stören.

  • Zur Nutzung des Mobiltelefons

    Im Saal ist der Zugang zum Internet eingeschränkt. Bitte laden Sie das digitale Programmheft vor dem Konzert. Ein WLAN-Zugang steht Ihnen dafür im Eingangsbereich des Foyers zur Verfügung.

    Während des Konzertes bitten wir Sie, Ihr Mobiltelefon auf lautlos zu stellen und den Modus »Nicht stören« zu aktivieren. Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie es, einmal nicht erreichbar zu sein.

  • Bild- und Tonaufnahmen

    Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Beim Schlussapplaus dürfen Sie zur Erinnerung und privaten Nutzung gern ohne Blitz fotografieren und Ihre Bilder auch auf Social-Media-Kanälen teilen, nicht aber filmen oder den Ton mitschneiden.

Redaktion

Der Text von Egbert Hiller und die Audio-Einführung von Maria Gnann sind im Auftrag der KölnMusik entstanden.

 

Redaktion:

Sebastian Loelgen

Kulturpartner der Kölner Philharmonie